Was bringt mir das?
Seit 10 Jahren organisiert ein kleines Team jährlich einen Fotomarathon durch Zürich. Im Kern bekommt der Teilnehmer 12 Themen, die er fotographisch Umsetzen muss. Die Ergebnisse werden abschließend in lockerer Runde mit Getränken und einem Essen besprochen. Der zeitliche Rahmen erstreckt sich von 10 bis 16 Uhr mit einer Pause mit Snack nach der Hälfte, ein voller Tag, also.
Meine Motivation war, zu erleben, wie mir Umsetzung eines vorgegebenen Themas in ein Bild gelingt. Ein weiterer Punkt: Es wird über meine Bilder diskutiert. Ich hatte erhrlich, kein gutes Gefühl, wollte aber dennoch mal raus, aus der Komfortzone und dieses Erlebnis einfach mal machen und ja, auch wenn es keine Bewertung der Bilder durch eine Jury gibt, ist es schon ein Wettbewerb bei dem es aus meiner Sicht auch bessere Umsetzungen und Bilder gab.
Die Organisation
Im letzten Jahr habe ich digital mit einer Leica Q2 Monochrom teilgenommen, in diesem Jahr habe ich mit meiner alten, analogen Leica M3 teilgenommen. Für 70+10 CHF für Film und Entwicklung bekommt man eine gute Organisation, Verpflegung, einen Film, die Entwicklung und Scans eingeschlossen, nette Kontakte, viele gute Fachgespräche, verschiedene Sichtweisen.
6 Themen gab es vor der Pause, 6 nach der Pause. Abgabe der SD-Karten und Filme ist um 16.00 Uhr. Die Filme wurden am Zielpunkt entwickelt und gescannt (für alle sichtbar und unter identischen Bedingungen). Der Film war ein Kentmere ISO 400, den gab´s für alle, mußte folglich auch verwendet werden.
Die Kommunikation während des Marathons erfolgt über Signal, einem Messenger, den es für Apple und Adroid in den jeweiligen Stores gibt. Diese Chat habe ich auch später noch für Fragen und Anmerkungen genutzt.
Kamaras, waren alle erlaubt, gerne auch Exoten; Objektive auch, alles was du tragen kannst, darfst du mittnehmen. Ich kann nur sagen, dass alles im Rucksack diesen Tag getragen weren muss und ich gegen Ende schon einen angenehmen Erschöpfungszustand erreicht hatte, wobei ich mit meiner M3 nicht die größte Last zu tragen hatte.
Weitere Infos und Tips zur Teilnahme unter www.fotomarathonZH.ch
Der Ablauf
Für das Gruppenfoto links, baten wir eine asiatisch aussehende, junge Frau, uns mit dem Handy zu fotografieren, was mit einem iPhone auch gut geklappt hat. Mike aus dem Org-Team hat ihr dann seine Olympus XA in die Hand gedrückt. Hier schien die Frau aber dann doch überfordert, da das Drücken der Rückspul-Kurbel nicht zur Auslösung geführt hatte.
Treffpunkt war der Lindenhof in Zürich.
Nachdem wir uns begrüßt hatten, gab es eine kurze Einführung: Persönlichkeitsrechte beachten, Ablauf, nächster Treffpunkt usw. Barbara aus dem Org-Team hat Cookies verteilt. Einen Teil Teilnehmer kannte ich schon aus dem letzten Jahr. Nach dem obligatorischen Gruppenfoto erst wurden die ersten 6 Themen verteilt. Alle Teilnehmer verließen sternförmig die Szene.
Ich legte erstmal den Film in die M3 und brauchte gleich mal 2 Versuche, reichlich vorgespult und alles wieder in den Rucksack (Marke Freitag, ein Züricher Unikat) verstaut. Noch mal auf das WC, damit der Kopf auch frei ist, Trackrecording auf Locus Maps gestartet und los!
Die Spiele haben begonnen
Wie war noch mal das erste Thema ? Kurze Überschlagsrechnung, pro Foto habe ich ca. 30min. In der Altstadt. Ich sah ein Schild “Cassino” und dachte ok, hat ja was mit Spielen zu tun. Die erste Idee für ein erstes Foto war dann ein Bild von den angeschlagenen Öffunungszeiten also Belichtungsmesser ausgepackt und festgestellt, dass die Batterie nur noch “einen Balken” hatte, obwohl ich diese vorher noch geladen hatte. Belichtung gemessen Blende und Zeit auf die M3 übertragen Bildausschnitt arrangiert und abgedrückt (erstes Bild in der folgenden Galarie unten).
Was auch immer auf dem Negativ ist, ich sehe es nicht. Sicherheitsbilder sind nicht erlaubt. Ein Bild pro Thema. Das Ergebnis sehe ich nicht nur erst nach dem Entwickeln und Scannen, sonder mit mir werden alle Teilnehmer dieses Bild gleichzeitig zum ersten mal sehen. Das hat schon was. Ein deutlicher Vorteil für die digitalen Kollegen, die wenigstens das gemachte Bild so lange wieder löschen können, bis es gefällt. Mir wird flau im Bauch. Mit Recht, wie sich später herausstellt. Auf dem Bild sind keine Öffnungszeiten zu sehen und auch sonst noch nichtmal ein Hinweis auf ein Cassino, geschweige denn auf “Die Spiele haben begonnen”. Bleibt die Frage warum das 70 Jahre alte 50er f1.2er Summcron die auf Glas geklepten Offnungszeiten nicht durchgelassen hat?
Ich mache noch ein Foto mit dem Handy, schicke es mir selber mit dem Thema, Zeit und Blende und um die GPS-Daten zu bekommen. Beim nächsten Marathon, vorweg: ich werde also wieder teilnehmen, plane ich das Bild in die Locus-Maps-Track-Aufzeichnung zu integrieren. Das würde eine vollständige Dokumentation darstellen. Von der ersten Teilnahme wuste ich, dass es nur selten gelingt, durch den Anblick des Bildes bei der gemeinschaftlichen Präsentation auch nur eine Idee für das zu Grunde liegende Thema zu bekommen. Diese bidirektionale Deutung funktioniert, naja, eigentlich fast nie. Auch ein Gedanke, mit dem ich mich erst vertraut machen musste. Ist aber nicht schlimm, es ging eigentlich allen so.
Glück im Spiel, Pech in der Liebe
Das zweite Thema ständig vor mir hermurmelnd kam ich am Standesamt vorbei, dacht kurz an Liebe welche Heirat nich ausschließt bzw. als Folge nachsich ziehen kann und just kam ein Brautpaar unter derm Jubel der kleinen Menge aus dem Haupteingang. Ich nahm meinen Rucksack vom Rücken und kramte die M3 heraus und den Belichtungsmesser und suchte mir eine gute Position mit Blick auf das Geschehen. bis ich dann im Messsucher scharf gestellt hatte war das Brautpar dann schon um die Ecke zu Fotoaufnahmen verschwunden, welch Irioniel. Im Übrigen war im Thema nicht von “Glück in der Liebe” die Rede. Klick, die zweite Pleite war im Ksten (s. Galerie)
Ordnung ist das halbe Leben.
Der Steg mit den symetrisch abgedeckten Booten war mir als Motiv für Ordnung erstmal sehr willkommen. Hier hatte ich die Zeit, die ich brauche um zu messen, die Belichtungswerte auf die M3 zu übertragen das Bild einzurichten. Der Mann, der sein Boot auspackt war als wilkommene Auflockerung nett, da ich das Ufer gegenüber nicht mit im Bild haben wollte, da es ablenkend wirken würde musste ich die Kamara sehr nach unten ziehen. Nachteil ist, der Steg wird zu breit und zu pominent. Schicksal Festbrennweite. Das Bild ist leicht überbelichtet, erfüllt aber schon mal meinen Mindestanspruch. Damit ist es eines von zweien, aus allen gemachten an diesem Tag. Ab diesem Bild hatte ich auch die Disziplin zum begleitenden Handy-Foto verloren, also bin ich nicht mehr in der Lage die Blende/Zeit-Pärchen nachzuvollziehen. Ich brauche noch mehr Ruhe.
Wer nichts wagt, der nichts gewinnt.
Was genau es war, was mich zu diesem Motiv getrieben hat kann ich nicht mehr genau sagen. Der Arbeiter hinter dem Bauzaun mit all den Hinweisen auf mögliche Gefahren kennt diese ja eigentlich, alles was er wagt ist, Stress mit seinem Chef zu bekommen, weil er entstannt sein Handy streichelt, und nicht wertschöpfend unterwegs ist. Die Frau im Vordergurnd ist Zufall, und somit auch nicht gut für die Bildausssage. Schön ist, die Schärfe und die Belichtung, was mein Vertrauen in die M3 stärkt. Das Bild in Bezug auf das Thema ist für die Tonne.
Spielen auf Zeit
Gilt natürlich auch für Parker an Parkscheinautomaten. Den Begriff kenne ich von aufgebrachten Moderatoren bei Fußballübertragungen im Fernsehen. Ich ahnte, das ich dazu kein Motiv finden würde. Auch die Umsetzung war mir erst mal sympatisch. Das brutale Gegenlicht hat den Kentmere dann doch überlastet. Die Belichtung erfolgt als Spot auf das Schild. Komposition sit auch schlecht, es gab Bilder von Teilnehmern, die deutlicher die Restparkzeit darstellten und das Thema besser umgesetzt hatten. Also auch dieses für die Tonne.
Aufgeben ist keien Alternative. Die kleine Kirche, an der ich vorbei kam lud mich zu einer Umrundung ein. Auf der Rückseite dann das Altersheim. In Verbindung mit der Kirche als Spiegelung wäre eine Aufgabe (Tot) im Altersheim mit der Beerdigung in der Kirche verbunden. Markaber könnte man die Kriche auch als letzte Abteilung des Altersheim sehen und somit die räumliche Nähe erklären. Ich frage mich ob diese Ableitung bei den Teilnehmern ankommt, bzw. sie ihnen zuzumuten ist. Aber auch hier: Blichtung und Schärfe: check!
Die Mittagspause nach 3h war mir bei beiden Teilnahmen immer sehr willkommen. Kurz der Abgleich mit den Anderen, kleiner Snack, und einfach mla 10min sitzen.
Nach der Mittagspause wurden die Themen noch härter.
Blut, Schweiß und Tränen
Unter der Hardbrücke bemerkte ich ein Schwalbennest heinter einem Tauben-Gitter, welches eigentlich den Nestbau verhindern sollte. Nestbau unter diesen Umständen kommt dem Thema schon nah. Die Brücke war aber einfach zu hoch. Das Schwalbennest am oberen Ende des Pfeilers und die piepende Schwalbenmutter auf dem Abflussrohr sind zu klein und kaum zu sehen. Der riesige Pfeil macht die Verwirrung komplett. Wieder mal nix Brauchbares.
Höher Weiter Schneller
Trift auf die Finanzwelt in den Wolkentürmen Zürichs bstimmt zu. Die Perspektive durch den Treppenaufgang eines kurz vor dem Abriss stehenden Parkhaus fand ich gleich reizvoll. Die Herausforderung der durchgängigen Tiefenschärfe hätte ich durch Bildfolgen mit verschiedenen Fokuspunkten und Blenden versucht zu lösen. Jetzt gab es aber nur ein Versuch. Das Bild ist mein Lieblingsbild von dem Tag geworden. Das sollte es dann auch schon gewesen sein, mit dem guten Gefühl, den Tag vesöhnlihch zu beenden.
Sport ist Mord
Ich wolte einmal mit ins Bild, entspannt liegend, vor einer verschmierten Betongwand. Bei der Verwendung des mechanischen Selbstauslösers der M3 patzte ich dan richtig. Die Annahme, das nach dem Aufzug des mechanischen Timers mit Drücken das Auslösers die Zeit ablaufen würde, war falsch. Klick. Eine klassische Fehlauslaösng, die es später zu erklären galt. In der Annahme eines Defekts, fummelte ich nervös an der Leica herum. KLICK, Auslösung! Schck!
Die Innenansicht eines Objektivdeckels war nicht das nächste Thema, aber Aufgeben ist ja keine Lösung, hatte ich Stunden vorher gelernt.
Weitere Peinlichkeiten sprechen in der Galerie für sich. Ich hoffe ich konnte ein wenig vermitteln, wie meine Bilder entstanden sind.
Abgabe, Essen und Diskussion
16 Uhr war Abgabe. Die Entwicklung der Filme konnte live verfolgt werden. Erst hatte ich mir gewünscht, mein Film wäre leer gewesen und ich hätte mich mit einem Defekt an der Kamara rausreden können, aber die Mädels mit der Chemie haben einen perfekten Job gemacht. Bilder waren auf meinem Film zu sehen. Mike hat die Negative gescannt und in Lightroom mit den SD-Karten zusammen sortiert. Genial ist der schwarze Rahmen um das Bild. Ich erinnere mich an mein SW-Labor Zeiten. Der Ramen des Negativträgers hatte ich mit einer Nagelfeiile aufgefeilt um exakt diesen Rahmen mit in das Bild zu belichten um zu zeigen, dass es sich nicht um einen Ausschnitt handelt. Jetzt war er da wieder. Gezeigt werden alle Bilder über Lr auf einer Leinwand. Erst alle Blder zu einem Thma dann die Serien der einzelnen Teilnehmer. Abschließend eine Feedbackrunde, und Erfahrungen von den Teilnehmern mit ihrer Ausrüstung, welche in diesem Jahr einer hecktischen Aufbruchstimmung zum Opfer gefallen ist, schade eigentlich, denn das war im letzten Jahr besser.
Diskussion der Bilder
Die Diskussion erfolgt nicht bewertend, also falsche Belichtung, Unschärfen, Bildgestalltung wird nicht Lehrerhaft durchgegangen und verbessert. Es gibt keine Jury, die ein Ranking erstellt. Es wird darüber diskutiert warum ode wie der Teilnehmer auf sein Foto zum Thema gekommen ist und “was er sich dabei gedacht hat” und genau hier liegt für mich die positive Erfahrung, dass es interessante verschiednen Sichtweisen auf ein Thema gibt, die den Menschen hinter der Kamara ausmachen. Letztlich waren die Bilder aller auf dem selben “Niveau” mit einer gewissen Selbstironie wurde die Diskussion zu einer lustigen Runde und das hat wirkich viel Spass gemacht.
Zusammenfassung
Um es vorweg zu nehmen, die technische Qualität der Bilder, also die Perfektion der technischen Umsetzung spielt dabei eine untergeordnete Rolle bei der Besprechung der Bilder, was allerdings genau meine Bedenken vor der ersten Teiilnahme im letzten Jahr waren. ich hatte schlicht Bedenken, dass meine Bilder im direkten Vergleich mit anderen einfach nur schlecht sein würden.
2023 war ich SW/digital unterwegs mit meiner Q2 M. Ich war mit meinen Ergebnissen deutlich zufriedener, weil sie durchweg die Themen besser getroffen hatten. Zum Vergleich hier die Bilder vom 10. Fotomarathon. Es ist aber immer eine Portion Glück dabei, die Richtigen Motive zur richtigen Zeit zu finden. Der Wirkmechanismus ist eigentlich der, dass keine Motive gesucht werden müssen, so wie auf einer meiner Fototouren, denn mit Lesen des Themas, gab es sofort ein, zwei Bilder in meinem Kopf, leider nur dort. Im Anschluss braucht es ein wenig Kreativität bei der Auslagung des Themas (es entstehen neue Bilder im Kopf) und das Glück das real existierende Motiv zu finden, welches einem dieser Kopfbilder am nächsten kommt. Ein, wie ich finde coles Training.
Eine weitere Erfahrung aus der ersten Teilnahme: Um auch noch weitere Fotos zu machen (wo man schon mal in der Stadt ist), für mich, außerhalb des Bewerbs, hatte ich eine zweite SD-Karte dabei. Durch die zwei “Betriebsmodi” im Kopf und das Handling der beiden Karten hat sich mein Streßlevel allderdings deutlich erhöht. Also in diesem Jahr nur eine Kamara.
Mit den Bilder war ich dieses Jahr nicht zufrieden. Mit dem Handling der M3 war ich nicht sicher genung; gerade in Verbindung mit dem externen Belichtungsmesser. Auch die 50mm Brennweite war am Anfang gewöhnungsbedürftig. Das Scharfstellen über das Schnittbild im Sucher braucht auch viel Zeit.
Signal, Google Maps, Handy, Tageskarte ÖPNV. Meine Bildschirmzeig lag an dem Tag lag bei 2,5h; ohne Akkubank kann der Tag ein jähes Ende haben.
20km in 10h sind einfach auch mal anstrengend. Gute Schuhe sind Pflicht. Mobilität ist auch wichtig. Tageskarte OPNV liegt bei 10 CHF. Andere Teilnehmer kamen mit dem Fahrrad. Die Themen, der zeitliche Rahmen zwingen mich zu eine gewissen Selbstdisziplin, die ich noch verbessern muss. Ich lasse mich in der Stadt noch zu viel ablenken. Auch Bildkomposition, Belichtungsmessung müssen routiniert und konzentriet erfolgen, da letztlich nur ein Versuch bleibt. Ich werde beim nächsten mal vorher mit der M3 noch ein wenig “trainieren”. Um eine Kamara mal auszuprobieren oder zu Experimentieren taugt der Marathon nicht.
Die Diskussion der Ergebnisse ist eher unterhaltsam als kritisierend macht viel Spass und erfolgt in lockerer Umgebumg woduch auch der Kontakt zu anderen Teilnmehmern leicht fällt. Meine Empfehlung für Erstlinge oder Einsteiger: Digital mit einem Zoom. Wer auf Schmerzen steht, startet analog mit alter Technik und einer Festbrennweite. Früher war ich mal mit einem Diktiergerät unerwegs und habe mir die Eckdaten zum Bild augesprochen. Wie auch immer, so ein paar Notizen zum Bild sind wichtig wenn es keine EXIF-Daten gibt.
Zürich ist eine tolle Stadt. Die Teilnehmer kamen alle, wenigstens aus Zürich oder Umland. Als Teil eines Städtetrips kommt der Marathon auchfür Auswärtige in Frage und geeignet die Stadt zu erkunden. Alles in Allem ein kurzweiliger Tag an der Luft an dem ich nicht nur gelernt habe, sondern auch viel Spaß mit Gleichgesinnten. Danke ans Org-Team und bis zum nächst mal.